Ich habe lange überlegt, ob ich etwas zu dem Wilke-Wurst-Skandal schreiben soll oder nicht. Natürlich haben wir in der Servicezeit darüber berichtet und jeder von euch hat sicher Details zu den Hygienemängeln in der Fabrik gelesen. Drei Menschen starben, weil sich Arbeiter nicht an die Vorschriften hielten. Will ich – oder muss ich mich wirklich dazu noch äußern? Ja, ich muss! Denn seit Jahren recherchieren mein Team und ich, wie Lebensmittel hergestellt und verarbeitet werden. Von angeblich gesunden Fertigprodukten über angeblich natürliche Fake-Geschmackstoffe bis hin zu angeblich qualitativ hochwertigem Billigfleisch, haben wir schon alles gesehen, probiert und untersucht. Und seitdem – mindestens schon 15 Jahre – predige ich, beim Einkauf auf die Qualität von Lebensmitteln zu achten.
Qualität von Lebensmitteln erkennen
Wie erkennt man eine gute Qualität? Das ist nicht schwer! Schaut euch einfach genau an, was ihr kaufen wollt. Es ist immer gut zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen! Regionale Ware ist besser als Produkte aus Übersee, weil sie frischer ist, also mehr Nährstoffe enthält, außerdem keine langen Transportwege hinter sich hat, also auch besser fürs Klima ist. Obst und Gemüse, das Saison hat (Tomaten, Salate, Äpfel, Pfirsiche, Weintrauben, Beeren etc.), schmeckt besser (Reifezeit) und ist günstiger.
Bei verarbeiteten Produkten auf eine möglichst kurze Zutatenliste achten und darauf, dass die Hauptzutat des Produkts an erster Stelle steht, also dass am meisten davon im Produkt enthalten ist.
Anonymes Billigfleisch aus Massentierhaltung
Mit diesen paar Informationen kommt man im Geschäft schon relativ weit. Und nun kommt noch ein bisschen gesunder Menschenverstand dazu. Kann ein Stück Fleisch für 5 Euro das Kilo wirklich von einem einigermaßen tiergerecht gehaltenen Schwein stammen, das ein einigermaßen gut ausgebildeter Fleischer geschlachtet und zerlegt hat? Ich glaube kaum! Da brauche ich jetzt auch keine große Rechnung aufmachen. Wie soll das denn gehen? So günstiges Fleisch kann nur aus der Massentierhaltung stammen, die versucht so viel Gewinn wie es nur geht aus den Tieren herauszuholen, weil die Margen in der Fleischproduktion so klein geworden sind. Und in den Schlacht- und Verarbeitungsbetrieben suchen sie schon seit Jahren händeringend nach Fachkräften, die sie einfach nicht finden, weil niemand mehr Schlachter werden möchte. Mittlerweile arbeiten zum großen Teil nur noch angelernte Kräfte in den Betrieben, viele aus Osteuropa. Und es wird im Akkord geschlachtet, immer schneller, weil der Fleischhunger hierzulande kaum zu stillen ist. Für Hygieneschulungen bleibt da offenbar oft keine Zeit mehr, siehe Wilke Wurst.
Fleisch für die Masse vs. Qualität
Viele Hersteller produzieren für den Massenmarkt und für das kleine Geld. Qualität wird da hinten angestellt. Natürlich entsprechen die meisten Produkte aus den Billig-Fleischfabriken den gesetzlichen Anforderungen, mit guter Qualität hat das aber dennoch oft nicht viel zu tun. Aus meiner Sicht macht es nicht nur geschmacklich, sondern auch ethisch einen Unterschied, ob Produkte vom selbstschlachtenden Fleischer oder anonymes Billigfleisch aus dem Supermarkt auf den Teller kommt.
Zu diesem Thema hat mein Kollege Björn Freitag einen tollen Film gemacht. Den könnt ihr hier anschauen:
Auf Haltungsform achten
Nicht jeder kann sich teures Bio-Fleisch leisten, das weiß ich. Aber bei Bio kann sich zumindest jeder sicher sein, dass die Tiere unter einigermaßen ordentlichen Bedingungen gehalten wurden. Das schreibt die Bio-Verordnung so vor. Auch der Deutsche Tierschutzbund und die Organisation Vier Pfoten zeichnen Produkte aus, bei denen die Tiere besser gehalten werden als in der herkömmlichen Massentierhaltung.
Die meisten Supermärkte haben sich mittlerweile einem vierstufigen Kennzeichnungssystem angeschlossen, mit dem der Kunde schnell erkennen kann, wie das Tier gehalten wurden von dem das Fleisch stammt.
Stufe 1 – entspricht den gesetzlichen Bestimmungen für die konventionelle Tierhaltung.
Stufe 2 – gewährt Tieren mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und zusätzlich Beschäftigungsmaterial im Stall.
Stufe 3 – gewährt Tieren mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und Zugang zu Außenklimabereichen (also einem offenen Stall oder im Idealfall einer Weide). Außerdem werden die Tiere gentechnikfrei gefüttert.
Stufe 4 – entspricht den gesetzlichen Bestimmungen für Bio-Fleisch, allerdings müssen die Tiere nicht mit Bio-Futter ernährt werden.
Deutsche kaufen lieber Billigfleisch
Mit diesem Kennzeichnungssystem kann nun wirklich jeder selber entscheiden, ob er dazu beitragen möchte, dass Tiere in Deutschland besser gehalten werden. In Umfragen sagen rund 80 Prozent der Verbraucher, das sie bereit wären mehr Geld für bessere Tierhaltung auszugeben. Leider entscheiden sich die meisten an der Supermarktkasse anders. Über Massentierhaltung klagen aber Billigfleisch kaufen, das passt nicht zusammen.
In diesem Sinne – eure Yvonne
Personen gefällt das.