Neulich hat mir jemand eine kleine Aufmerksamkeit aus Wiesbaden mitgebracht. Hessens Landeshauptstadt ist wegen der vielen Thermalquellen ein beliebter Kurort. Die bekannteste Quelle ist der Kochbrunnen, der in der Mitte der Innenstadt bei 76 Grad sprudelt und das Wahrzeichen der Stadt ist. Seit der Antike wird hier gekurt und Wasser abgezapft. Und seit 1879 wird die „Kochbrunnenseife“ aus dem Salz des Kochbrunnens gefertigt.
Hübsch sieht sie ja aus, die Kochbrunnenseife, oder? Aber als ich mir die Zutatenliste angeguckt habe, war ich doch erstaunt, dass sie mit Palmöl hergestellt wird. Das ist doch sicher nicht seit 150 Jahren schon so, oder?
Palmöl-Anbau fördert Treibhauseffekt
Palmöl, das wissen wir ja alle, ist das billigste und daher bei Kosmetik- und Lebensmittelherstellern zurzeit beliebteste Öl. Palmöl wird in erster Linie ist Südostasien angebaut und dort wurden und werden noch immer Urwaldflächen für die Plantagen gerodet. Viele Tiere verlieren ihren Lebensraum und wir alle verlieren für unser Klima wichtige CO2-Speicher. Kurz: Palmöl ist sehr umstritten! Einige Hersteller werben mittlerweile sogar damit, KEIN Palmöl mehr zu verwenden, um so einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Finde ich gut, im Übrigen!
Palmöl in Seifen-Rezeptur von 1879?
Nun also Palmöl in dieser hübschen Seife aus Wiesbaden. Warum? Das habe ich die Landeshauptstadt gefragt und folgende Antwort erhalten:
„Die Wiesbadener Kochbrunnenseife wurde durch eine Seifensiederin in handwerklicher Produktion hergestellt. Sie war eher ein sympathischer Werbeträger als ein Verkaufsprodukt. Im Moment erfolgt der Abverkauf der Lagerbestände. Sollte es zu einer Wiederaufnahme der Produktion kommen, werden wir uns selbstverständlich Gedanken zur Überarbeitung der Rezeptur machen und dabei den Verzicht auf Palmöl als Inhaltsstoff anstreben.“
Aha! Meine Frage, ob Palmöl auch in der Rezeptur 1879 vorkommt, wurde zwar nicht beantwortet, aber immerhin soll für eine nächste Produktion kein Palmöl mehr verwendet. Gut so!
Palmöl-Boykott sinnvoll oder nicht?
Aber wie ist es mit uns Verbrauchern? Können und sollten wir Palmöl boykottieren? Egal, was ich im Supermarkt in die Hand nehme, fast jedes zweite Produkt – von Schokolade über Duftkerzen zu Wimperntusche – beinhaltet Palmöl. Es ist oft schwer palmölfreie Alternativen zu finden. Insgesamt deckt Palmöl ein Drittel des globalen Gesamtbedarfs an pflanzlichen Ölen ab. Aber nur bei Lebensmitteln ist eine Kennzeichnung seit Dezember 2014 Pflicht.
Palmöl ist besonders ertragreich
Palmöl ist neutral im Geschmack und deswegen vielseitig einsetzbar. Vor allem aber ist es besonders ertragreich. Es verbraucht also deutlich weniger Fläche als andere Ölpflanzen, etwa Raps oder Soja. Einige Studien argumentieren deswegen, dass Palmöl weltweit gesehen günstiger für die Umwelt ist als andere Pflanzenöle. (Die Frage ist, wer diese Studien finanziert hat …)
Der extensive Anbau von Palmöl hat – darüber sind sich im übrigen alle einig – bedenkliche Folgen für die Umwelt; nicht nur für die Tier- und Pflanzenwelt, die den Plantagen weichen muss, sondern auch für den CO2-Ausstoß. Denn nicht nur Waldbestände werden gerodet, sondern auch Torfmoore trocken gelegt. Und Torfe und Moore speichern deutlich mehr Kohlenstoff als Wälder. Bei der Trockenlegung dieser Torfflächen entweichen dann mehrere Tonnen CO2. Laut WWF speichert ein tropischer Torfsumpfwald bis zu 50 Mal so viel CO2 wie ein Regenwald.
Siehe: https://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/Publikationen-PDF/HG_Wald-Klima_310809_FINAL.pdf
Wenn schon Palmöl, dann bitte bio
Einen Boykott von Palmöl halten viele Organisationen, unter anderem auch Greenpeace, trotzdem nicht für sinnvoll. Denn der Anbau sichert auch die Existenz der Bauern vor Ort. Stattdessen empfiehlt Greenpeace auf Produkte mit dem Bio-Siegel auszuweichen. Denn hier ist die Art des Anbaus nachhaltiger. Bio-Palmöl erkennt ihr an diesen Siegeln:
Nachdenklich – eure Yvonne
Personen gefällt das.