Verbraucherschutz

Greenwashing

Umweltfreundliche Verpackungen – steckt wirklich mehr Nachhaltigkeit dahinter oder handelt es sich um Greenwashing? TV-Moderatorin und Hauswirtschaftsmeisterin Yvonne Willicks rät genau hinzugucken.

Yvonne Willicks

Umweltfreundliche Verpackungen – Greenwashing oder wirklicher Fortschritt?

Neulich wollte ich für meine Enkelkinder ein paar Süßigkeiten kaufen. Ich habe mich für Smarties entschieden. Ich selber habe die bunten Schokolinsen als Kind geliebt, auch meine Kinder standen total darauf. Jedenfalls fiel mir schon im Geschäft auf, dass sich die Verpackung anders anfühlte als der Rest der Packungen im Süßigkeitenregal, eher so wie eine Obsttüte aus grobem Papier. Beim näheren Hingucken habe ich dann gesehen, was auf der Verpackung stand: „Ich bin aus Papier. Bitte recycle mich!“. Aha! Bei sowas werde ich ja gleich ganz neugierig.

Im Internet schreibt Hersteller Nestle über die neuen Verpackungen: „Für alle kleinen Recycling-Helden: seit 2021 sind SMARTIES in Papier verpackt, also erst SMARTIES genießen und dann ab mit der Verpackung in die Papiertonne. Damit machen wir Recycling kinderleicht. Lasst uns alle einen Beitrag leisten, für eine bunte Welt unserer Kinder!“

Den Beitrag findet Ihr hier:  https://www.nestle.de/marken/alle-marken/smarties

Verbraucherzentrale untersucht „grüne“ Verpackungen

Hört sich ja erst mal gut an, was Nestle da schreibt. Denn Pappe und Papier lassen sich super recyclen, und sind auf jeden Fall besser, also nachhaltiger als Plastik. Hier ist die Verpackung offenbar tatsächlich umweltfreundlicher geworden. Das ist aber nicht immer der Fall. Nach einer Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sind viele angeblich besonders umweltfreundlichen Verpackungen oft gar nicht so nachhaltig wie Kunden aufgrund des Öko-Marketings glauben. Die Experten der Verbraucherzentrale hatten die Nachhaltigkeitsaussagen von insgesamt 60 Verpackungen (33 Drogerieartikel und 27 Lebensmittelprodukte) unter die Lupe genommen.

Die Untersuchung findet Ihr hier: https://www.verbraucherzentrale.nrw/pressemeldungen/presse-nrw/gruene-verpackungen-oft-undurchsichtig-53630

Angeblich umweltfreundlichere Verpackungen – Werbung mit Selbstverständlichkeiten

Viele Hersteller werben mit angeblich „grünen“ Verpackungen um die Gunst ihrer Kunden. Da steckt etwa eine Bio-Milch in einem vermeintlichen Karton aus Altpapier. Verbraucher könnten vermuten, dass die Verpackung aus Pappe besteht und ins Altpapier gehört. Tatsächlich handelt es sich bei den Getränkekartons um gewöhnliche Verbundstoffe, die im gelben Sack entsorgt werden müssen. „Greenwashing“ nennen das die Kollegen von der Verbraucherzentrale. Produzenten versuchen sich mit angeblich umweltfreundlichen Verpackungen ihrer Produkte ein nachhaltiges Image zu verpassen.

So wirbt etwa ein Spülmittel in einer Plastikflasche damit, dass die Verpackung “leicht zu recyceln” ist. Ein reiner Marketing-Trick, denn dass Verpackungen so hergestellt werden müssen, dass sie wiederverwendbar oder -verwertbar sind, ist gesetzlich vorgeschrieben. Es wird also mit Selbstverständlichkeiten Werbung gemacht.

Greenwashing – “Grüne” Verpackungen oft irreführend

Und nicht nur das, oft werden bewusst falsche Versprechen gemacht, um das Image von Produkten oder Unternehmen zu verbessern. So haben die EU-Kommission und nationale Verbraucherschutzbehörden Werbesprüche zu Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit von Firmen überprüft. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass in 42 Prozent der untersuchten Fälle die umweltbezogenen Angaben übertrieben, falsch oder irreführend waren. In mehr als der Hälfte der Fälle war die Richtigkeit dieser Angaben für Verbraucher nicht zu überprüfen. Untersucht wurden die Websites von Unternehmen, die Bekleidung, Kosmetika oder Haushaltsgeräte anbieten. Viele Hersteller verwendeten vage Angaben, wie „bewusst“, „umweltfreundlich“ oder „nachhaltig“, um die Umweltauswirkungen ihre Produkte zu verschleiern. Um Greenwashing zukünftig zu verhindern, arbeitet die EU-Kommission an einer Verordnung, die diese ökologische Schönfärberei verhindern soll.

Mehr über die Untersuchung findet Ihr hier:

https://ec.europa.eu/germany/news/20210128-oekologische-schoenfaerberei_de

Der beste Müll ist der, der gar nicht erst entsteht

Für uns Verbraucher heißt das mal wieder, genauer hinzuschauen und die Werbeaussagen zu Nachhaltigkeit zu hinterfragen. Wenn man dazu auf der Packung fündig wird – gut. Zum Beispiel wenn es auf einem Nachfüllbeutel heißt: „Spart 70 % Plastik ein.“ und dann im Kleingedruckten: „Im Vergleich zu einer herkömmlichen Packung.“. Damit hat man schon mal eine Menge Infos und kann die Werbeaussage einordnen. Ansonsten bietet das Netz gute Möglichkeiten zur Recherche.

Am wichtigsten aber ist, dass wir tatsächlich unseren Müll reduzieren. Dazu hatte ich hier schon ein paar Mal was geschrieben.

Das findet Ihr hier:

https://www.yvonnewillicks.de/2020/10/30/muellvermeidung/

https://www.yvonnewillicks.de/2020/10/23/muelltrennung/

https://www.yvonnewillicks.de/2019/07/12/zu-gut-fuer-die-tonne-jedes-jahr-landen-11-millionen-tonnen-lebensmittel-im-muell/

https://www.yvonnewillicks.de/2020/10/16/ozonloch/

Hier die wichtigsten Tipps zur Müllvermeidung beim Einkauf:

  • Gemüse und Obst lose kaufen.
  • Mehrwegnetz statt Plastiktütchen nutzen.
  • Produkte mit Einwegverpackungen vermeiden.
  • Getränke, Milch und Jogurt in Mehrwegflaschen und -gläsern kaufen.
  • Aufschnitt/Käse am Stück, statt in Scheiben kaufen.
  • Kosmetik in Plastikflaschen vermeiden, lieber Seife statt Duschgel.
  • Nachfüllbeutel bevorzugen.
  • Kosmetik und Reiniger ohne Mikroplastik kaufen.
  • Immer Einkaufstasche mitnehmen.

Übrigens hat die Verbraucherzentrale auch echte umweltfreundliche Beispiele gefunden. Zum Beispiel die Drogerieprodukte, die tatsächlich einen sehr hohen es Anteil an recyceltem Plastik (mehr als 90 Prozent) aufweisen.

Eure Yvonne